Clear 

ist ein (behaupteter) Bewusstseinszustand.
Hubbard* definierte ihn im Laufe seines Lebens mehrfach neu. Außerdem differenzierte er über die Jahrzehnte verschiedene “Grade” des Clears. Es begann mit dem 1950 im DIANETIK-Buch beschriebenen Wunderwesen “Clear”, dem so genannten “book one clear”. Ab 1952 war bereits vom Theta-Clear* und vom geklärten Theta-Clear die Rede. In 1955 gab es den “one shot clear”, ein exteriorisierter Thetan*. 1959 unterschied Hubbard zwischen dem “book one clear”, dem Theta-Clear und dem OT. Später tauchten weitere Begriffe auf: MEST clear, first goal clear, third goal clear, near clear, keyed-out clear, past life clear, natural clear*, scientology clear. Darauf soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Ab 1978 gab es den Dianetik-Clear. Hubbard verkündete, dass der Zustand Clear mit NED* erreicht werden kann. Dies gilt bis heute. Die aktuelle Definition lautet: “Ein Wesen, das keinen eigenen Reaktiven Verstand* (mehr) hat.

Obwohl man annehmen könnte, dass es sich bei dieser Definition um ein quantitatives Kriterium handelt, gilt gegenwärtig (offiziell), dass Clear eine qualitative Falleigenschaft ist. Wenn jemand diesen Zustand erreicht hat, verfügt er nach augenblicklicher Lesart über ganz bestimmte, ihn selbst betreffende (selbst gewonnene) Erkenntnisse und hat dadurch hinsichtlich seines Falls* eine andere Realität als jemand, der diesen Zustand nicht hat.

Anmerkung:
Wer auf dem
CCRD* die oben in Blau zu lesende Definition als “eigene” Erkenntnis äußert, erreicht damit nicht, dass ihm der Zustand Clear zuerkannt wird. Erwartet wird eine Formulierung, die im

                                                   HCO BULLETIN OF 24 SEPTEMBER 1978R
                                                                               ISSUE IV
                                                               REVISED 2 OCTOBER 1980
                                                                         CONFIDENTIAL

enthalten ist. Sie wird hier bewusst nicht veröffentlicht, um solchen Personen, für die es eine hohe Wichtigkeit hat, nicht die Möglichkeit zu nehmen, sie per Erkenntnis selbst herauszufinden.

Bei einem Clear tritt mitunter der Umstand deutlicher zutage, dass der Mensch von Natur aus gut ist. Es gibt vereinzelt aber auch Personen, die sich trotz dieses bescheinigten Zustandes in einer psychischen Verfassung befinden, die ein Außenstehender nicht als erstrebenswert empfindet. Das nährt Zweifel und/oder wertet den Zustand ab.  

Clear” ist abgeleitet von der Beschriftung einer Taste, wie sie früher an mechanischen Rechenmaschinen vorzufinden war. Bei den heutigen Taschenrechnern trägt diese Taste meist nur noch ein “C”. Ihre Betätigung bewirkt eine Löschung des internen Speichers. Bei Rechenoperationen gibt es dadurch keine unbekannten Einflüsse, die das Ergebnis verfälschen könnten. Gelegentlich wird bei Taschenrechnern auch zwischen “C” und “AC” unterschieden. “C” bedeutet dann eine Löschung der letzten Eingabe, “AC” (all clear) die Löschung des gesamten Speichers. Dieser dient hier als Metapher für den Reaktiven Verstand.

Indem Hubbard davon ausging, dass bei einem Clear der Reaktive Verstand nicht mehr vorhanden wäre, behauptete er, ein Clear könne (bei geschlossenen Augen) auch keine Bilder mehr sehen. In diesem Kontext erließ er eine Vorschrift, die es verbot, Dianetik* an Clears und OTs zu auditieren. Rückblickend willkürlich und unsinnig. Auch Clears und Pre-OTs können weiterhin (eigene) Bilder sehen und lassen sich deshalb erfolgreich auf NED* auditieren. Schritt 6 des NED-Verfahrens stellt sicher, dass die auditierte Person mit geschlossenen Augen ein Bild sieht. Geschieht das nicht, wurde lediglich die Dauer des Geschehnisses nicht richtig etabliert. Man geht dann zurück zu Schritt 4 und findet zunächst die präzise Dauer. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag über Bilder*.  

Das Wort Clear wird auch verwendet, um damit die Person zu bezeichnen, die diesen Zustand erreicht hat. Man spricht dann von dem Clear. Ob jemand diesen Zustand hatte, konnte lange nicht wirklich objektiviert werden. Erst recht spät entwickelte Hubbard dafür ein Verfahren, das er DCSI* nannte. 

Es gibt Kritiker, die der Auffassung sind, dass Clear als idealisierter Zustand eine Fiktion ist. In Hubbards Dianetik*-Buch, (das übrigens gemäß der Aussage von Hubbards ältestem Sohn ausschließlich “intuitiv” am Schreibtisch entstand und nicht das Ergebnis von Forschungen war), werden dem Clear (als Person) Eigenschaften zugeschrieben, die in der Praxis noch nie erreicht wurden und auch in der Zukunft vermutlich nie erreicht werden können. Er wird beschrieben als eine Person ohne jegliche Aberrationen*, mit einem überragenden IQ* und einem grenzenlosen, absolut fehlerfreien Gedächtnis. Jemand mit einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein und einer totalen Gelassenheit, der nie Fehler macht, nie Unfälle erleidet und niemals krank wird.

Clear
ist also etwas, das Hubbards euphorischer Phantasie entstammt. Der von ihm in Worte gegossene und nur in seiner Vorstellung existierende Idealzustand wurde für ihn zum Besen des Zauberlehrlings. Er hielt eisern daran fest, weil er befürchtete, sonst seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Stattdessen hätte es ihm zur Ehre gereicht, in diesem Punkt Größe zu zeigen und die Eigenschaften eines Clears der Realität anzupassen. Dies um so mehr, als Hubbard bald erkannt hatte, dass auch jeder Clear weiterhin einen Fall hat, der durch fremdbestimmende Faktoren beeinflusst wird. Nicht nur der psychische, sondern auch der körperliche Zustand eines Clears ist davon nicht selten nachteilig betroffen. Eine Abhilfe dafür sollen die
OT-Stufen* sein, was sich in der Praxis jedoch nicht bewahrheitet. Auch “jenseits” von Clear werden Personen körperlich krank, dramatisieren Service Faksimiles* oder böse Absichten*, handeln willentlich und wissentlich unethisch oder erleiden hin und wieder sogar psychotische Zusammenbrüche. 

Auch wenn man das als Scientologe an anderen Scientologen beobachten kann, wird es nicht konfrontiert, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Clear ist für viele dieser Personen ein Statussymbol, das sie unbedingt erreichen und durch ein Zertifikat bestätigt haben wollen. Dafür geben sie im Zweifel sehr viel Geld aus. Aufgrund einer Weisung von Miscavige wurde in den 1990er Jahren zahlreichen Scientologen, denen bereits ein solches Zertifikat ausgestellt worden war, der Zustand Clear wieder aberkannt. Sie mussten für große Geldbeträge erneut um ihre Anerkennung kämpfen. Das verbesserte ernorm die Einnahmen dieser Organisation.           

Personen mit ausgeprägter Skepsis, die dennoch in spiritueller Hinsicht ernst zu nehmen sind, vertreten die Auffassung, dass es den Zustand Clear überhaupt nicht gibt. Jedenfalls nicht in der Definition, die oben in Zeile 2 zitiert wird. Sie bezweifeln, dass der Reaktive Verstand, sofern man gedanklich überhaupt mit ihm operiert, etwas Eigenständiges ist, sondern meinen, dass jede geistige Störung unmittelbar mit dem Wesen selbst zu tun hat und auch von ihm ausgeht. Für die Nichtexistenz des Reaktiven Verstandes spricht, dass die Aberrationen* einer Person auch nach einer Reinkarnation* weiterhin unverändert vorhanden sind. Der neue Erdenbürger befindet sich nach seiner Geburt also geistig nicht im Status nascendi*, sondern ist als Säugling oder Kleinkind nicht selten psychisch schon in einem desolaten Zustand, obwohl die Umwelt noch gar keine Gelegenheit hatte, schädigend auf ihn einzuwirken. Die logische Erklärung dafür lautet,  dass das Wesen die Aberrationen durch seine Postulate* ständig mit sich führt, und zwar gleichgültig, wo es sich gerade befindet.  

Diejenigen, die an der Existenz des Reaktiven Verstands festhalten, verbinden das mit der Vorstellung, dass das Wesen ihn als Transporteur seiner Aberrationen jedes Mal im Huckepack mit in ein neues Leben nimmt. Da der Reaktive Verstand nach Hubbards Auffassung jedoch Bestandteile des Physikalischen Universums enthält, nämlich Energie und Masse, stellt sich die berechtigte Frage, wie er dann vorübergehend auch Teil eines geistigen Universums sein kann. Das macht also keinen Sinn. 

Hubbard hatte hinsichtlich des Reaktiven Verstands selbst kein eindeutiges Konzept. Nachdem er dessen Existenz zunächst lautstark verkündet und ihn als einzige Quelle von Aberrationen und psychosomatischen* Krankheiten bezeichnet hatte, kamen ihm später Zweifel. Er erkannte, dass Postulate* die wesentliche Rolle spielen und dass sie es sind, mit denen ein Wesen seine Aberrationen selbst kreiert. Deutlich wird dies zum Beispiel im geänderten Verfahren beim Auditieren von Engrammen* mittels Dianetik der Neuen Ära*. Auch der theoretische Hintergrund zu Service Faksimiles* und bösen Absichten* unterstreicht die gedankliche Kehrtwende. Hubbard revidierte sich, indem er Letztere zur wirklichen Ursache von Geisteskrankheit erklärte. (“Geist” im spirituellen Sinn.)  Er legte in diesem Zusammenhang Wert auf die Feststellung, dass Postulate nicht Teil des Reaktiven Verstands sind, sondern unmittelbar vom geistigen Wesen selbst erschaffen werden. Damit fand gewissermaßen ein Paradigmenwechsel statt, der von Vielen in Hubbards eigener Organisation nicht wahrgenommen, in seiner Bedeutung unterschätzt oder sogar ignoriert wurde. Naheliegend wäre es gewesen, das Dianetik-Buch aus dem Jahr 1950 mit all seinen Fehleinschätzungen nicht länger im großen Stil als “Einstiegslektüre” der Öffentlichkeit zum Kauf anzubieten.   

Zitate aus Hubbards Buch ”Fortgeschrittenes Verfahren und Axiome”:

“Nur Postulate aberrieren das Individuum”.
”Die eigenen Gedanken und
Postulate des Preclears sind die Quelle der Aberration”.
“Postulate, wann immer sie gemacht wurden, sind verantwortlich für den Zustand des
Preclears*, schlecht oder gut”.

Soll heißen, jeder erschafft seine psychischen Störungen selbst. Wer insbesondere böse Absichten mit sich herumträgt, ist geistig nicht gesund und damit definitiv nicht Clear. Eine Schlussfolgerung, die Sinn macht und mit der vermutlich auch die meisten Skeptiker übereinstimmen könnten, würde lauten, dass man jemanden erst dann wirklich als Clear bezeichnen kann, wenn er vollständig frei von Aberrationen ist, (wozu auch jegliche destruktiven Absichten und fixen Ideen gehören), und  wenn er endgültig damit aufgehört hat, neue zu erschaffen. Das deckt sich (teilweise) mit Hubbards Definition  von Clear, wie sie im DIANETIK-Buch von 1950 zu finden ist. Danach sollte eine solche Person völlig frei von Aberrationen sein. 

Das ist bei solchen Menschen, die auf Hubbards Brücke* Clear attestieren, regelmäßig nicht der der Fall. Man  kann es ganz leicht daran erkennen, dass es in der Scientology-Organisation zwischen Clear und den dann folgenden OT-Stufen* einen Zwischenschritt gibt, der sich “Eligibility”, (engl. für Eignung); nennt. Dort werden im größeren Stil am E-Meter böse Absichten aufgedeckt und durch Auditing zum Verschwinden gebracht. Wenn ein Clear keine zerstörerischen Absichten hätte, wäre dieser Schritt überflüssig.

Ergänzend sei hier hinzugefügt, dass auf “Eligibility” keineswegs alle bösen Absichten gefunden und beseitigt werden. Dieser von Miscavige* eingeführte Zwischenschritt hat lediglich den Zweck, solche zerstörerischen Postulate zu finden, die sich gegen ihn oder seine Organisation richten könnten. Eligibility soll, um es mit anderen Worten zu sagen, die Loyalität der jeweiligen Person gegenüber Scientology sicherstellen. 

Es wäre also ein Fehler, dem Zustand “Clear”, wie er in der Scientology-Organisation attestiert wird, eine überragende Bedeutung beizumessen. Ein Clear (als Person) weiß zwar um gewisse Zusammenhänge und ihre Ursachen, aber ohne eine vollständige und dauerhafte Handhabung seiner überlebensfeindlichen Postulate ist der Clear genauso aberriert (geisteskrank im spirituellen Sinn) wie der Nichtclear. Die nicht selten mit dem bescheinigten Zustand “Clear” verbundene Überzeugung, etwas Besseres zu sein als der Nichtclear, ist bei genauerer Betrachtung objektiv unangemessen. Siehe Postulate auditieren.   

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