Bergpredigt 

Ein Begriff aus dem Neuen Testament der Bibel. Er bezieht sich auf eine Rede, die Jesus von einem Berg herab an das jüdische Volk und an seine Jünger richtete. (Matthäus 5 - 7).

Die Bergpredigt bezeichnet eine grundlegende Wende im religiösen Verständnis der damaligen Zeit. Dem Konzept des Alten Testaments, das mit “Auge um Auge, Zahn um Zahn” beschrieben wird, folgte die Lehre Jesu, dass der Mensch nur mit Liebe¹) die Schwierigkeiten des Lebens überwinden kann. “Liebet Eure Feinde” dürfte das berühmteste Zitat aus der Bergpredigt sein. Dahinter steht ein philosophisches Konzept, das zeitlos als vernünftig angesehen wird, jedoch den meisten unverändert wirklichkeitsfremd erscheint. Ihnen will nicht einleuchten, dass man seinem hungernden Feind zu essen und seinem dürstenden Feind zu trinken geben soll, (Röm. 12,20).

¹) “Liebe” steht hier für Affinität oder Zuneigung. Man kann sie als den Wunsch definieren, mit jemandem oder etwas einen gemeinsamen Raum einzunehmen, (ihn oder etwas in seiner Nähe zu haben.) Liebe in dieser Definition hat nichts mit Sexualität zu tun und ist nicht auf den Menschen beschränkt. Man könnte Affinität für ein Haustier, ein Kunstwerk, eine Landschaft, eine Blume usw. empfinden.

Die Bergpredigt ist inhaltlich das, was wahres Christentum ausmacht. Die Forderung, demjenigen, der einem auf die rechte Wange schlägt, auch die andere hinzuhalten, empfinden viele jedoch als nicht praktikabel oder sogar als lächerlich. Die Jesus-Botschaft erfährt so eine gedankliche Abwertung, und der dahinter stehende Sinn wird dann vielfach gar nicht verstanden.

Auch wenn man das von Hubbard vielleicht so nicht erwartet und seine Gegner es für unaufrichtig halten, hat der Kern seiner Philosophie diverse Gemeinsamkeiten mit der Bergpredigt. Hubbard hielt sich in jungen Jahren längere Zeit in Asien auf und wurde dort durch den Buddhismus geprägt. Nach seiner Auffassung bestehen die Bausteine eines Individuums aus Affinität (Zuneigung), aus Realität (Übereinstimmung mit sich und anderen) sowie aus Kommunikation. Wenn Hass, Gewalt, Unterdrückung usw. Platz greifen, werden diese Bausteine beschädigt oder ganz zerstört. Jeder Konflikt, jedes Problem, jede schmerzliche Erfahrung und somit jeder Fall* ist auf Störungen im Zusammenwirken dieser drei Bausteine zurückzuführen.

Ein Mensch, der Verfehlungen begeht, indem er zum Beispiel einen Anderen tötet, zerstört damit immer auch einen Teil von sich selbst. Es macht also Sinn, dass bei den großen Weltreligionen die Verfehlungen des Individuums als Pflastersteine auf dem Weg zur “Hölle” angesehen werden. Hubbard bildet da keine Ausnahme. Allerdings ist er der Auffassung, dass, “wenn man die Hölle suchte und die Erde fände”, sie dafür als Ort verbreiteter Geisteskrankheit völlig genügte. Sichtbarerer Ausdruck eines solchermaßen pervertierten menschlichen Geistes sind atomare, biologische und chemische Waffen, Terrorismus, Krieg, Gewalt, Unterdrückung, Kriminalität, Drogen, das Predigen von Hass usw. 

Die Botschaft der Bergpredigt, Gewalt nicht mit Gewalt zu beantworten, ist die Aufforderung, sich seines eigenen Seelenfriedens zuliebe nicht zu persönlichen Verfehlungen hinreißen zu lassen. Das von Moses überbrachte Gebot, “Du sollst nicht töten”, wird von Jesus in der Bergpredigt ausdrücklich wiederholt. Einen Zusatz, “... außer, wenn Du eine gute Rechtfertigung hast,” kennt dieses Gebot nicht. Es gibt bei Jesus keine wie immer geartete Relativierung der Tötung eines Menschen. Jeder Krieg ist danach zutiefst unchristlich. Die Kreuzritter haben sich im Mittelalter grob darüber hinweggesetzt und damit das Christentum nachhaltig in Verruf gebracht.  

 

Anmerkung:
Das uneingeschränkte Verbot der Tötung eines Menschen ist praktisch nirgendwo auf der Welt bestehende Rechtsrealität. Jede Zivilisation kennt Begriffe wie Notwehr, Nothilfe, Notstand. Von niemandem wird verlangt, dass er einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf Leib oder Leben erdulden muss. Auch unter einem ethischen oder moraltheologischen Gesichtspunkt ist Notwehr im Regelfall nicht zu beanstanden, soweit sie nur in einem Umfang geübt wird, wie es für die Abwehr des Angriffs nötig ist. Vergeltung oder Rache umfasst das Recht auf Notwehr nicht. Kaum akzeptabel wäre auch das als Schuldausschließungsgrund im deutschen Strafrecht bekannte “Brett des Carneades”. Ein Schiffbrüchiger tötet hier jemanden, indem er ihn von einem im Meer treibenden Brett stößt, um damit sein eigenes Leben zu retten.

Ethik* ist eine persönliche Angelegenheit. Eine Handlung wird nur dadurch zur Verfehlung, dass die jeweilige Person sie für eine solche hält. Wer unter Beachtung der Gesetze seines demokratischen* Rechtsstaats* sowie in Übereinstimmung mit den Moralkodizes der darin lebenden Gesellschaft handelt, wird im Regelfall dadurch keinen seelischen Schaden nehmen. Anders könnte es sein, wenn er als tief religiöser Mensch die weltlichen Gesetze für nachrangig hält.   

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